Eine neue Geschichte der Zukunft

Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.

Ein Essay von Marc Pendzich

Eine neue Geschichte der Zukunft in 2×2 Sätzen:

Wir sind Erde.

Wir Menschen sind Teil der Mitwelt und leben in Symbiose mit allem Lebendigen.

Hygge für Alle.

Zeitwohlstand und angstfreie Daseinsvorsorge sind möglich in einer klimagerechten Welt.


Dieser Essay ist Teil des im November ’22 erschienen Buches: Eine neue Geschichte der Zukunft.Essays und Leitlinien4Future von Marc Pendzich, vadaboéBooks @ BoD, Paperback, 2. erweiterte Auflage, 138 Seiten, 14 EUR, ISBN: 978-3-75683-875-2 – …mehr zum Buch

Inhalt

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Eine neue Geschichte der Zukunft.
Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.   

Wer wir sind. Was wir Menschen grundlegend brauchen.

Wir sind Menschen. Wir sind Bestandteil der Mitwelt und leben in Symbiose mit allem Leben. Wir sind Teil der Lebensrhythmen. Wir sind sterblich. Wir erleben Sinn in lebendigen Beziehungen. Abseits der Erfüllung der Grundbedürfnisse brauchen wir nicht viel. Zeit, Liebe und Zufriedenheit sind umsonst.

Wir sind Menschen. Wir werden geboren, wir leben und wir sind sterblich – und werden wieder zu Erde. Wir sind Erde. Wir sind Teil des Lebenskreislaufes, an dem wir etwa 80 Mal teilhaben dürfen, während die Erde um die Sonne rast und uns die Jahreszeiten bringt. Wir sind Teil des Wunders, das wir Leben nennen. Wir sind Bestandteil der Mitwelt. Menschen sind Tiere unter Tieren. Tiere und Pflanzen tauschen gleichsam ihren ‚Atem‘ aus. Wir leben in Symbiose mit allem Lebendigen, dem ‚web of life‘. Alle Lebewesen sind gleich wertvoll. Alle Menschen sind gleich.

Zeit ist alles, was wir haben. Zeit ist das Einzige, was wir wirklich haben. Und wir wissen nicht, wie viel Zeit wir haben.

Viele von uns denken sich die Zeit als linear voranschreitend. Erweitern wir den Blickwinkel unserer Wahrnehmung, dann ist ‚Zeit‘ ein von Kreisläufen und Zyklen bestimmter Rhythmus: Der Uhrzeiger beschreibt einen Kreis, und die Dinge kehren wieder: Vollmond, Kirschblüte, Monsun, Laubfall, Zugvögel, Neujahr. Die Sonne geht auf, der Hahn kräht, wir stehen auf, gehen zu Bett. Wenn wir uns in diesen Lebensrhythmen wahrnehmen, spüren wir die Zeit – und sie läuft uns nicht weg.

Wenn wir im Augenblick sind, d. h. wenn Zukunft und Vergangenheit verblassen, fühlen wir uns lebendig. Im Hier und Jetzt zu sein, nährt uns. Dann sind wir eins mit uns selbst. Dann sind wir zufrieden.

Sinn erfahren wir, wenn wir dem Lebendigen nahe sind: Unseren Mitmenschen, anderen Lebewesen, unserem eigenen Körper, unserem Atem und uns selbst. Wir haben Grundbedürfnisse. Deren Erfüllung ist existenziell. Dazu zählen saubere Luft, sauberes Trinkwasser, gesunde Lebensmittel, Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Wärme, Sicherheit, Hygiene, Schlaf, Kommunikation, Beziehungen, Gesehen werden, Nähe und Sexualität. In unserer modernen Gesellschaft kommen einige weitere soziale Grundbedürfnisse hinzu wie z. B. ein grundlegendes Maß an sozialer und kultureller Teilhabe, Gesundheitsversorgung, Bildung, Energie sowie Mobilität.               

Wer wir Mitbürger:innen der frühindustrialisierten Nationen sind.

Wir Menschen der CO2-verantwortenden Staaten sind uns selbst bzw. dem Leben entfremdet und kompensieren diese Leere mit Konsum und Materiellem. Exzess hat keine Zukunft: Unsere HöherSchnellerWeiter-Lebensweise und die Steigerungslogik unserer Ökonomie überfordern die Belastungsgrenzen des Planeten und zerstören unsere Mitwelt. Und uns selbst. Das machen wir nicht mit Absicht. Wir tun, was alle tun – und haben große Angst vor Veränderung.

Wir Menschen der frühindustrialisierten Staaten haben Lebendigkeit gegen Materielles eingetauscht. Wir sind der Mitwelt und dem Leben – also uns selbst – entfremdet. Viele von uns schlagen bspw. bei der als sinnentleert empfundenen Arbeit die Zeit tot. Viele von uns leben in großen Städten, in denen es mehr Häuser als Bäume gibt. In denen Parkplätze wichtiger sind als Plätze und Parks. Nachts sehen wir in den Städten keine Sterne mehr, die unsere Bedeutung zurechtrücken und uns an unsere Endlichkeit erinnern könnten. Der Tod hat keinen Platz in unserem Leben, obgleich er zum Leben dazu gehört. Die Erkenntnis bzw. emotionale Akzeptanz der eigenen Sterblichkeit lässt uns mit uns selbst und der Welt anders umgehen: Wir haben zwei Leben, und das zweite beginnt, wenn wir merken, dass wir nur eines haben.ii

Wir sind einem falschen Versprechen bzw. einer Illusion aufgesessen: Unsere kollektive Lebenslüge lautet, dass man mit Geld, Ruhm und Macht elementare Bedürfnisse wie Zufriedenheit, Liebe, Leben oder Zeit kaufen könne. Im Moment der Selbstbesinnung wissen wir, dass das Unsinn ist: Best Things In Life Are Free.iii

Die meisten Menschen in Deutschland sind in diese Lebenslüge verstrickt. Sie tun das, was ‚alle‘ tun. Sie leben auf ‚Autopilot‘ und stecken im Hamsterrad. Viele von ihnen vermeiden es runterzukommen und innezuhalten, denn im Bei-sich-Sein würden die eigene Entfremdung und die Schalheit des Materiellen offenbar. Solche Gedanken sind unangenehm. Die eigenen Werte bzw. das eigene bisherige Leben in Frage zu stellen ist schmerzhaft. Viele Menschen haben Angst vor Veränderung und akzeptieren lieber den unzufrieden machenden Status quo, als das Unerprobte zuzulassen. Sogar diejenigen, die wirklich wenig haben, wollen überwiegend lieber keine Veränderungen.

In dem wir arbeiten, investieren wir Lebenszeit, damit wir essen, trinken, wohnen etc. können: Geld ist arbeitend verbrachte Lebenszeit.iv Ab dem Punkt, an dem die Grundbedürfnisse erfüllt sind, ist Zeit mehr wert als Geld. Kein toter Gegenstand kann wertvoller sein als Lebenszeit. Materielles und HöherSchnellerWeiter sind Ersatzbefriedigungen und Trosthandlungen zur Maskierung der Entfremdung. Frei ist nicht, wer viel hat. Frei ist, wer wenig braucht. Frei ist, wer Dinge nicht begehrt, die er nicht braucht.

Menschen sind Bewegungstiere. Wir werden fett, depressiv, krank und kurzatmig, wenn wir uns nicht artgerecht verhalten und ernähren. In dem wir uns dem Leben entfremden, sterben wir (früher) oder vegetieren unzufrieden ohne Lebendigkeit.

Wir sind Erde. Wir tun so, als wären wir es nicht. Wir fühlen uns abgetrennt von unserer Mitwelt. Das zeigt sich z. B. in unserer Art, wie wir die Erde, unsere Mitwelt und unsere Mitmenschen behandeln. Wir beuten nicht nur Menschen in unserer eigenen Gesellschaft, sondern vor allem und systematisch die Menschen des Globalen Südens aus. Sogar diejenigen Menschen, die noch gar nicht geboren sind, beuten wir aus durch unsere ‚Diktatur der Gegenwart‘. Wir vermeinen über die Mitwelt erhaben zu sein, also handeln wir auch so. Unsere Weltökonomie entspricht unserer Entgrenzung und spiegelt diese wider: Unser derzeitiges ökonomisches System mit seiner Steigerungslogik ist weltfremd, weil es den Kreisläufen dieser begrenzten Welt zuwiderläuft und deshalb weltzerstörend wirkt.

Weltzerstörung ist Teil des Systems, das wir Mitbürger:innen der frühindustrialisierten Nationen in unserer Entfremdung geschaffen haben. Sämtliche menschengemachte Katastrophen sind (auch) systemisch: Fukushima, Ahrtal, Insektensterben, Ölteppiche, Hungersnöte, Kriege, Pandemien etc. sind keine Un- oder Einzelfälle. Sie haben als unmittelbare Folgen der (ökonomischen) Steigerungslogik eine gemeinsame Ursache. Sie sind Erscheinungsformen der einen Grundkatastrophe.

Was wir Mitbürger:innen der frühindustrialisierten Nationen verstehen müssen.

Wir leben in einer begrenzten Welt, in der wir nur verteilen können, was da ist. Es ist genug vorhanden für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier. (Gandhi) Wir Menschen in Deutschland müssen mit einem Drittel des bisherigen Verbrauchs auskommen, um die Zivilisation für uns zu bewahren. Wir haben ein Gesellschaftsproblem, das nicht durch Technologie zu lösen ist: Wir haben künftig Bäume zu pflanzen, unter denen wir selbst nicht sitzen werden.

Wir leben in einer begrenzten Welt. Wir überschreiten seit langem die planetaren Belastungsgrenzen unserer Erde. Damit überfordern wir die lebensstiftenden Erdsysteme wie u. a. die Atmosphäre, die Böden, die ‚grüne Lunge‘ der Regenwälder sowie die Sauerstoff produzierenden Ozeane. Bei einem ‚Weiter so‘ kippen die Erdsysteme wie Dominosteine. Das ‚web of life‘, in dem durch Nahrungsketten und Symbiosen alles mit allem zusammenhängt, droht zu zerreißen. Bei einem ‚Weiter so‘ kollabiert dieses ‚Netz des Lebens‘, in dem die Menschheit liegt wie in einer Hängematte. Und sie ist schwer, die Menschheit.

In Deutschland beispielsweise nutzen wir jährlich die Hervorbringungen von drei Erden. Wir haben jedoch nur eine Erde. Das bedeutet: Wir verbrauchen zwei Erden zu viel. Wir müssen runter von Zweidrittel unseres Verbrauchs. Wir haben also mit einem Drittel der bisherigen Ressourcen auszukommen. Machen wir so weiter wie bisher und die anderen CO2-Staaten auch, ist die Zivilisation am Ende. Das bedeutet unendliches Leid und milliardenfachen Tod.

Fossile Energieträger bestehen aus Pflanzen, welche – mittels Photosynthese – vor langer Zeit die Energie der Sonne gespeichert haben: Wir Menschen verbrennen jährlich die fossil gespeicherte Sonnenenergie von einer Million Jahre – und heizen damit einen kompletten Planeten auf. Wir feuern uns derzeit ins Dinosaurierzeitalter zurück. Doch bei 50 Grad kann niemand leben.

Wenn wir in einer ‚Kultur des Genug‘ das Überflüssige weglassen, d. h. gesellschaftlich suffizient leben, brauchen wir auch weniger Energie als bisher – und dieses geringere Maß an Energie kann regenerativ durch Wind und Sonne erzeugt werden.

Wir benötigen die Zweidrittel nicht. Sie stehen unbenutzt in den Ecken rum und im Keller. Sie sind der Überfluss, der die Welt kaputtmacht. Sie sind überflüssig. Sie entfremden uns. Sie sind verhängnisvoll.

Wenn wir nur noch ein Drittel der bisherigen Produkte herstellen und reparaturfähige Erzeugnisse lange benutzen, können wir anders, langsamer oder sogar weniger arbeiten, weil wir für den Erwerb der anderen Zweidrittel kein Geld benötigen.        

Mit einem Drittel auszukommen bedeutet des Weiteren, dass unser derzeitiges System der Ökonomie, welches in jedem Jahr noch mehr Mehrverbrauch als im Vorjahr benötigt, um nicht zu kollabieren, aufgegeben werden muss. Statt des Geldes, statt des Reichtums der Wenigen, stehen der Mensch, seine angstfreie Daseinsvorsorge und das Gemeinwohl im Mittelpunkt des ökonomischen Handelns.

Technologie und Effizienz sind tolle Dinge – und wir benötigen sie. Ihr Einsatz ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir von Zweidrittel unseres Verbrauchs runter müssen. Für Science Fiction haben wir keine Zeit. Anders ausgedrückt: Zur Rettung der Zivilisation benötigen wir sicher auch Technologie, aber vor allem und in erster Linie brauchen wir dringend menschlichen und gesellschaftlichen Fortschritt.

Um von den zweidrittel Überkonsum herunterzukommen, brauchen wir die Besinnung auf das, was wir Menschen wirklich sind: Der Mensch ist ein biologisches Lebewesen, das als Tier unter Tieren in Symbiose mit seiner Mitwelt lebt. Es bedarf einer Mentalitätsveränderung: Wir haben künftig Vieles zu unterlassen. Wir haben uns innerlich, d. h. tief anzupassen, an neue Lebensbedingungen. Und wir haben Bäume zu pflanzen, unter denen wir selbst nicht sitzen werden.v Wir brauchen einen grundlegend neuen, zukunftsfähigen Wertekanon, d. h. ein neues gemeinsames Verständnis darüber, was uns wichtig ist.

Wer wir sein können. Wie das Leben der Menschheit künftig aussehen kann.

Gutes Leben in einer begrenzten Welt, in der man nur verteilen kann, was man hat, kann mit einer Solidargemeinschaft funktionieren. Unsere Zukunfts-Chance lautet in drei Worte gefasst: ‚Hygge für Alle‘i (‚Zeit statt Zeugs‘): Wir tauschen Hamsterrad und Konsumismus gegen Eigenzeit und Wohlergehen. Im Zentrum der Ökonomie steht die angstfreie Daseinsvorsorge. Ohne Veränderungsschmerzen ist Zukunft nicht zu haben. Und: In einer emissionsfreien Welt sind Kriege – deren Zerstörungen immer Emissionen hervorrufen – nicht möglich. Dies zeigt, wie groß die Herausforderung ist. Es bedeutet aber auch, dass wir gegenwärtig eine große Chance haben – für die es sich lohnt, sich einzusetzen.    

Wir Menschen, vor allem wir Mitbürger:innen der CO2-verantwortenden Staaten, müssen die Notbremse ziehen. Sonst zerstört die Lebenslüge des HöherSchnellerWeiter unsere globale Zivilisation.

Wir Menschen in Deutschland sind stolz auf unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Beide können ausschließlich auf einem intakten Planeten funktionieren. Inmitten von Verwerfungen regiert die Diktatur.

Wir leben in einer begrenzten Welt. Wir können nur verteilen, was wir haben. Stellen wir uns also der Maja-Göpel-Frage: Was brauchen „wir denn unbedingt, wenn wir gut versorgt sein wollen?“  

Maßgeblich geht es um die Lebensqualität von uns Mitbürger:innen. Menschen, Liebe und Solidarität sind wichtiger als Materielles und HöherSchnellerWeiter. Wir nehmen das ‚große Geld‘ aus unserem Leben. Ökonomie und Politik sind für den Menschen da: Ökonomie und Politik dienen der Versorgung der Menschheit. Wir definieren neu, welche gesellschaftlichen Aufgaben systemrelevant sind.

Unsere Zukunfts-Chance lautet in drei Worte gefasst: ‚Hygge für Alle‘i oder auch ‚Zeit statt Zeugs‘: Unseren Zeitwohlstand können wir z. B. für unsere Freundschaften, Kinder, Beziehungen und Kreativität nutzen. Für unser Wohlergehen und die angstfreie Daseinsvorsorge ist gesorgt durch ein ‚Grundrecht auf Wohnung, Lebensmittel, (Aus-/Weiter-)Bildung, Gemeinwohlarbeit, Geschlechterparität,vi Energie, Mobilität, Gesundheitsversorgung und intakte Mitwelt‘.

Eine derart umfassende (gesamt)gesellschaftliche Transformation braucht neue und zusätzliche rechtsstaatliche Instrumente in der Demokratie. Dazu gehört eine größere Teilhabe an der Gestaltung der Gesellschaft, z. B. in Form von Bürger:innenräten. Dort fühlen sich die repräsentativ gelosten Mitwirkenden ernst genommen und agieren verantwortungsvoll zugunsten der Gesellschaft.

Eine solche gesellschaftliche Transformation können wir nicht vorab planen. Was wir aber können, ist: anfangen und losgehen. Dann kommen die Dinge in den Gang. Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.vii

Ohne Veränderungsschmerzen ist Zukunft nicht zu haben. Es wird heftig Knirschen im Gebälk. CO2-intensive Lebensgewohnheiten sind abzulegen wie ein alter Hut. Viele Lebensentwürfe sind auf Sand gebaut… Aber immerhin – Transformation bedeutet Zukunftsermöglichung.

Und: In einer CO2-freien Null-Emissionen-Welt sind Kriege nicht möglich, weil sie z. B. durch Zerstörung und dem anschließenden Wiederaufbau stets Emissionen hervorrufen. Nichts verdeutlicht besser, wie umfangreich die gegenwärtige Menschheitsherausforderung ist, als der für Null-Emissionen erforderliche Weltfrieden. Die Menschheit steht an einem Scheideweg. Die Chance unsere Zivilisation zu bewahren ist da. Weltfrieden als klimagerechter Frieden unter den Menschen, die in Einklang mit ihrer Mitwelt leben – das ist ein Ziel, für das es sich lohnt, sich einzusetzen.


Demokratie ist Teilhabe. Sei ein gesellschaftlicher Wirk.viii Sei selbstwirksam. Sei konsequent und widerständig: Be the story you want to tell.


Anmerkungen

i ‚Hygge für Alle‘, oder, vereinfacht: ‚Zeit statt Zeugs‘. – ‚Hygge‘ ist eine in Dänemark (und mittlerweile vermehrt auch in Deutschland) so bezeichnete genügsame Lebenshaltung der wohligen Entspannung mit hoher Lebensqualität. Hygge meint den Zustand des bewussten, runterfahrenden, wertschätzenden Miteinander-Abhängens z. B. bei Kerzenschein und Tee, des Palaverns mit Freund:innen, ohne zu tief in konfliktreiche (z. B. politische) Themen einzusteigen – und beschreibt letztlich das Streben nach freier Zeit (Freizeit) und Zeit-Erleben (allein oder mit Vertrauten) ohne großen materiellen oder organisatorischen Aufwand; s. a. Portal LebeLieberLangsam Beitrag Hybris vs. Hygge / Hygge contra Hybris unter https://lebelieberlangsam.de/hybris-vs-hygge-hygge-contra-hybris.

ii vgl. Text von Mário Raúl de Morais de Andrade. Hier heißt es wörtlich: „Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.“ – Harald Welzer greift diesen Gedanken prominent auf in seinem Buch Nachruf auf mich selbst.

iii vergessene Weisheit – und derart allgemeingültig, dass sie keine:n Autorin:Autoren hat.

iiv Geld ist arbeitend verbrachte Lebenszeit: Dies gilt zumindest für die allermeisten Mitbürger:innen, d. h. für alle Menschen, die keinen relevanten ‚Kapitalgrundstock‘ haben z. B. durch Erbschaft.

v vgl. „The true meaning of life is to plant trees, under whose shade you do not expect to sit.“ – Nelson Henderson zugeschrieben.

vi Der Begriff ‚Geschlechterparität‘ meint eine umfassende Geschlechtergerechtigkeit, die eine gleichdimensionierte Repräsentanz insbesondere in den politischen und ökonomischen Entscheider:innenbereichen mit einschließt. Selbstverständlich braucht es darüber hinaus Anti-Diskriminierungs- und weitere Gleichstellungs-Gesetze, um die Rechte non-binärer Menschen und der LGTBQ+-Community sicherzustellen. – vgl. Handbuch Klimakrise, unter paritaet.handbuch-klimakrise.de.

vii Konfuzius zugeschrieben.

viii Der Erkenntnistheoretiker Hans-Peter Dürr bezeichnet uns „Teilnehmenden… in Systemen mit Menschen … [als] Wirks. Wir wirken aufeinander. Unsere [z. B. politisch oder persönlich motivierte, egal wie kleine] Aktion beeinflusst die nächste Reaktion im System, jede:r von uns nimmt mit seinem und ihrem Verhalten Einfluss auf seine und ihre Mitmenschen.“ (Göpel 2022) – Geben Sie unerwünschte CO2-Verhalten keinen Raum: Schweigen Sie. Wechseln Sie das Thema. Auch erwähnenswert: Es ist etwas ganz anderes, ob vier von fünf Menschen im Kreis von ihren Flugreisen berichten oder zwei von fünf von ihrer niedrigschwelligen Trekkingtour in Süddeutschland. Haltung! Verhalten ist ansteckend. Man kann nicht Nicht-Handeln. Durchbrechen Sie den stillschweigenden Konsens des gegenseitigen Rechtfertigens. Besuchen Sie Ihre:n Bundestagsabgeordnete:n. Erzählen Sie davon. – s. a. Handbuch Klimakrise: Was kann ICH tun? unter aktiv.handbuch-klimakrise.de.


Eine neue Geschichte der Zukunft.  [Kurzfassung]     

Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.

Wer wir sind. Was wir Menschen grundlegend brauchen.

Wir sind Menschen. Wir sind Bestandteil der Mitwelt und leben in Symbiose mit allem Leben. Wir sind Teil der Lebensrhythmen. Wir sind sterblich. Wir erleben Sinn in lebendigen Beziehungen. Abseits der Erfüllung der Grundbedürfnisse brauchen wir nicht viel. Zeit, Liebe und Zufriedenheit sind umsonst.

Wer wir Mitbürger:innen der frühindustrialisierten Nationen sind.

Wir Menschen der CO2-verantwortenden Staaten sind uns selbst bzw. dem Leben entfremdet und kompensieren diese Leere mit Konsum und Materiellem. Exzess hat keine Zukunft: Unsere HöherSchnellerWeiter-Lebensweise und die Steigerungslogik unserer Ökonomie überfordern die Belastungsgrenzen des Planeten und zerstören unsere Mitwelt. Und uns selbst. Das machen wir nicht mit Absicht. Wir tun, was alle tun – und haben große Angst vor Veränderung.

Was wir Mitbürger:innen der frühindustrialisierten Nationen verstehen müssen.

Wir leben in einer begrenzten Welt, in der wir nur verteilen können, was da ist. Es ist genug vorhanden für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier. (Gandhi) Wir Menschen in Deutschland müssen mit einem Drittel des bisherigen Verbrauchs auskommen, um die Zivilisation für uns zu bewahren. Wir haben ein Gesellschaftsproblem, das nicht durch Technologie zu lösen ist: Wir haben künftig Bäume zu pflanzen, unter denen wir selbst nicht sitzen werden.

Wer wir sein können. Wie das Leben der Menschheit künftig aussehen kann.

Gutes Leben in einer begrenzten Welt, in der man nur verteilen kann, was man hat, kann mit einer Solidargemeinschaft funktionieren. Unsere Zukunfts-Chance lautet in drei Worte gefasst: ‚Hygge für Alle‘ (‚Zeit statt Zeugs‘): Wir tauschen Hamsterrad und Konsumismus gegen Eigenzeit und Wohlergehen. Im Zentrum der Ökonomie steht die angstfreie Daseinsvorsorge. Ohne Veränderungsschmerzen ist Zukunft nicht zu haben. Und: In einer emissionsfreien Welt sind Kriege – deren Zerstörungen immer Emissionen hervorrufen – nicht möglich. Dies zeigt, wie groß die Herausforderung ist. Es bedeutet aber auch, dass wir gegenwärtig eine große Chance haben – für die es sich lohnt, sich einzusetzen.    


Demokratie ist Teilhabe. Sei ein gesellschaftlicher Wirk. Sei selbstwirksam. Sei konsequent und widerständig: Be the story you want to tell.


Dieser Essay ist Teil des im November ’22 erschienenen Buches: Eine neue Geschichte der Zukunft.Essays und Leitlinien4Future von Marc Pendzich, vadaboéBooks @ BoD, Paperback, 124 Seiten, 12 EUR, ISBN: 978-3-75682-262-1 – …mehr zum Buch


Anhang: Handreichungen für die Zukunft

  • Andrade, Mário Raúl de Morais (1893-1945, Schriftsteller, Musikwissenschaftler, o. J.): „Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.“, siehe https://www.positiv-magazin.de/?p=83406 (Abrufdatum 8.6.2022)
  • Brunnhuber, Stefan (2022): „Frei ist nicht, wer viel hat. Sondern wer wenig braucht“. [Violetta Simon interviewt Stefan Brunnhuber]. In: Süddeutsche Zeitung, 29.3.2022, online unter https://www.sueddeutsche.de/panorama/fasten-nahrungsverzicht-aengste-stress-1.5554920?ieditorial=2 (Abrufdatum 8.7.2022)
  • Folkers, Manfred u. Paech, Niko (2020): All you need is less. Eine Kultur des Genug aus ökonomischer und buddhistischer Sicht. oekom.
  • Gandhi, Mahatma (2019): Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg. Kösel.
  • Göpel, Maja (2020): Unsere Welt neu denken. Eine Einladung. Ullstein.
    S. 127.
  • Göpel, Maja (2022): Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen. Ullstein. S. 39.
  • Junker, Claudia u. Oelschlaeger, Walter (2022): Tiefe Anpassung – Kollektive Resilienz in der globalen Krise. Website, online unter https://tiefe-anpassung.de/ (Abrufdatum 8.7.2022)
  • Konicz, Tomasz (2022): Klimakiller Kapital. Wie ein Wirtschaftssystem unsere Lebensgrundlagen zerstört. mandelbaum kritik & utopie.
  • Leisgang, Theresa u. Thelen, Raphael (2021): Zwei am Puls der Erde – Eine Reise zu den Schauplätzen der Klimakrise und warum es trotz allem Hoffnung gibt. Goldmann.
  • Magnason, Andri Snaer (2020): Wasser und Zeit: Eine Geschichte unserer Zukunft. Insel.
  • Paech, Niko (2012): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. oekom.
  • Schnabel, Ulrich (2010): Muße. Vom Glück des Nichtstuns. Blessing.
  • Welzer, Harald (2021): Nachruf auf mich selbst: Die Kultur des Aufhörens. S. Fischer.

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